Die Revolution kostet € 1,50!
Seit Jahren hege ich den Plan, mir den Maiaufmarsch einmal live anzusehen, doch irgendwie schaffte ich es bisher nie, rechtzeitig aufzustehen. Jetzt mit Kind, das in aller Herrgottsfrüh unterhalten werden will, ist das aber gar kein Problem mehr. Und so sitzen wir dann auch bald im Autobus Richtung Innenstadt. Kurz vor dem Zentrum treffen wir auch auf eine der Gruppen des Sternmarsches, und Busfahrer und Fahrgäste fangen ob der Verzögerung an zu grummeln, ob das denn wirklich notwendig sei. Wir steigen aus und folgen dem Grüppchen zum Ring. Am Weg werden wir immer wieder von netten, älteren Leuten gefragt, ob wir nicht die SPÖ unterstützen wollen und eine Fahne oder einen Erster-Mai-Anstecker erwerben wollen. Nur € 1,50. Wir lehnen dankend ab. Immer wieder kommen Genossen von Richtung Rathaus mit zusammengerollten Fahnen zurück. Eine Teilnehmerin ruft ihnen fröhlich zu: “Na habt’s es auch schon hinter euch gebracht?” Von Sambagruppe über Blasmusikkapelle bis hin zu Ordnern, jeder guckt verlegen, als ob es ihnen irgenwie peinlich wäre, dabei zu sein. Am Wegrand klatschen ein, zwei ältere Damen. Die Bezirksgruppe Hietzing fordert mehr Mietrechte, ich muss schmunzeln. Beim Rathaus selber marschiert gerade der Herr Bundeskanzler Faymann ein – ich höre immer automatisch die Stimmen von Maschek in meinem Kopf, wenn ich ihn sehe. Die Genossen, die den Aufmarsch hinter sich haben, gönnen sich ein Bier, es ist noch nicht ganz 10 Uhr am Morgen. Wir beschließen in den Stadtpark zu gehen, um Enten zu füttern. Eine nicht ganz so deprimierende Beschäftigung.